Ernährung: Update für die Zukunft
von Eike Wenzel

Zukunftsforscher Eike Wenzel

Wie ernähren wir in Zukunft zehn Milliarden Menschen? Im Kern geht es natürlich um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung, aber auch um die Vermeidung von Fettleibigkeit und Diabetes. In allen Industrienationen nimmt der „Kampf gegen Zucker“, von dem wir statistisch 35 Kilogramm pro Jahr zu uns nehmen, zu. Das reicht von der Kennzeichnung in Deutschland, über Besteuerung in Frankreich bis zu Verboten in den USA.

Ernährung wird auf Börsenniveau diskutiert 

Die Frage der Ernährung ist inzwischen in vielen Kontexten ein Thema und wird auf Börsenniveau diskutiert. Silicon Valley hat im letzten Jahr mehr eine Milliarde Dollar in Foodfirmen investiert. Charakteristisches Merkmal der innovativen Gründer: Sie alle erkennen die Nöte des Konsums und sind disruptiv. Amerikanische Wagniskapitalgeber setzen vor allem auf die Start-ups, die normale Lebensmittel ersetzen wollen, wie zum Beispiel „Beyond Meat„.  Nicht nur das Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, gesundes „künstliches“ Fleisch ohne die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu produzieren. Vorreiter ist Professor Mark Post von der Uni Maastricht, der „richtiges“ Fleisch züchtet. Dafür braucht er nur ein kleines Stückchen Muskelfleisch mit Stammzellen darin.  Daraus entstehen dann im Labor zehntausend Kilo Rindfleisch.  Der Trend nimmt jedenfalls zu,  aus pflanzlichen Zutaten synthetische Alternativen zu Fleisch zu kreieren, die „nur so aussehen und so schmecken.“

Best Practice: Niederlande 

Die Niederlande versuchen schon seit Anfang der 2000er-Jahre nach der berühmten Ökoeffizienz-Formel zu leben, die besagt: Steigere deine Produktivität und versuche dabei, den Verbrauch an Natur und Ressourcen zu reduzieren. Die Niederlande, inspiriert von dem Food Valley in Gelderland, versuchen seitdem ihre landwirtschaftliche Produktion zu verdoppeln und dabei die Ressourcennutzung (vor allem Wasser) zu halbieren. Da sie über geringe Flächen verfügen, mussten die Menschen dort immer schon vorausschauender denken. Vertical Farming (Pflanzenzucht mit LEDs und Wasser), Aquaponic (Aquakulturen für Fische, Hydrokulturen für Pflanzen), Urban Farming resp. Indoor Farming alle die Buzzwords, die gerade auch das Silicon Valley in Aufregung versetzen, werden in den Niederlanden seit mehr als 20 Jahren entwickelt und umgesetzt.

In der Nähe von Venlo betreibt die Uni s‘Hertogenbosch gemeinsam mit Unternehmen eine Versuchsanlage in vertikaler Bauweise (sieben Etagen) für den Anbau von Gemüse

Fleischkonsum und kein Ende?

Die Ernährung muss auf die Agenda: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch wird sich im Jahr 2050 weltweit auf jährlich 52 Kilogramm belaufen (heute sind es gerade einmal 38 Kilogramm).  Höhere Erträge durch mehr Chemie und Dünger können das Ernährungsproblem langfristig nicht lösen. Zudem würde es einen noch höheren Energieeinsatz, Ressourcenverbrauch und Umweltbelastungen bedeuten. Wir brauchen beispielsweise Alternativen zum tierischen Eiweiß. Insekten und Algen, wie sie von dem deutschen Unternehmen „Snack Insects„, die Grillen, Heuschrecken und Würmer anbieten, ist ein kleiner Versuch, aber beim Thema Ernährung der Zukunft haben wir einen hohen Problemdruck.


Über den Autor

Dr. Eike Wenzel ist Gründer und Leiter des Instituts für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ GmbH) und Herausgeber des monatlichen Letters Megatrends! Er gilt als einer der renommiertesten deutschen Trend- und Zukunftsforscher. Er ist Kolumnist der “Wirtschaftswoche” und nimmt Lehraufträge an deutschen und internationalen Universitäten wahr.

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