Nachhaltigkeit – jetzt!

Von Rebecca Türkis

Ob Kohleausstieg, Agrarwende, strenge Regelungen als Lektion aus dem Abgasskandal oder die Ablehnung von Lebensmittelverschwendung – die Mehrheit der Europäer stimmt Entwicklungen zu, die die Nachhaltigkeit unserer Gesellschaft stärken. Denn die Informationslage ist klar, bereits jetzt bekommen wir es mit den Auswirkungen des Klimawandels, sozialer Ungleichheit, des Ressourcenraubbaus oder des Verlusts der Biodiversität zu tun, die sich in naher Zukunft immer weiter verstärken werden. Kurzfristig steht das gute Leben für alle auf dem Spiel, letztlich das Überleben unserer Spezies.

Business as usal

Trotzdem ist ein Umlenken derzeit nicht in Sicht. Produktivismus und Konsumismus, angefeuert durch eine immer perfider ausgeklügelte Werbeindustrie, bestimmen den Takt unseres Lebens. Und auch wenn viele Bürgerinnen und Bürger von Politik und Wirtschaft erwarten, soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen, schlägt sich deren Reaktion vor allem in Hochglanzbroschüren, der Verabschiedung von Strategiepapieren und ein paar Greenwashing-Aktionen nieder. Und sonst? Business as usual. Zwar machen viele Unternehmen der Ökobranche vor wie es geht. Trotzdem folgt der immense Großteil der Wirtschaft und der Konsumenten dem Prinzip höher, schneller, weiter.

Strukturelle und psychologische Hindernisse

Neurowissenschaftlich betrachtet scheint es schwierig für das menschliche Gehirn Gefahren zu antizipieren, die noch nicht akut bedrohlich sind, sondern ihre volle Wirkung „erst“ in zwanzig bis fünfzig Jahren entfalten. Gleichsam treibt uns der ständige soziale Vergleich an, mindestens genauso viel zu haben wie unsere Peers.

Umdenken und neue Wege einschlagen erfordert Mut und Einfühlungsvermögen. Eine Gesellschaft, die Machterhalt und -ausbau, unbegrenztes Wachstum, Rendite und Profit als Grundwerte lebt, hat es trotz anders lautender Lippenbekenntnisse schwer, eine Kehrtwende zu vollziehen, wenn Anreize weiter anders gesetzt werden.

Die Mähr vom verantwortungsvollen Konsumenten, der mit seinen Kaufentscheidungen dazu beiträgt, eine Systemtransformation einzuleiten, entlastet Politik und Wirtschaft von jeglichem eigenen Agieren. Solange wir den Routinen und Glaubenssätzen, den Märchen über uns und die Welt anhängen, dass das eben so sein muss, ist Veränderung nicht möglich. Hierfür bedarf es einer doppelten Bewegung aus der Gesellschaft und ein Umdenken in den Führungsetagen.

Nachhaltigkeit Bottom-up und Top-down

Erst wenn Nachhaltigkeit zur Chef*innen-Sache erklärt wird, kann eine tiefgreifende soziale und ökologische Transition beginnen. Wenn die Politik sich traut, die schon heute bestehenden Regelwerke europaweit mit immer ambitionierteren Grenzwerten zu füllen, umzusetzen und strikt zu kontrollieren. Wenn Unternehmer*innen soziale und ökologische Verantwortung als Kernwert der Organisationskultur verankern. Wenn jedes unternehmerische Bestreben auf seine Nachhaltigkeit geprüft und Führung Zuhören und Moderieren wird.

Schon jetzt verfügen wir über Instrumente wie die Gemeinwohlbilanzierung, die Sustainable Development Goals und differenzierte Messinstrumente für Nachhaltigkeitsindikatoren. Zudem gehört die Diskussion um eine Postwachstumsökonomie oder ein bedingungsloses Grundeinkommen ins Herz der Agenda.

Und ja, wenn jede einzelne, jeder einzelne von uns die hedonistische Tretmühle von Arbeit und Konsum verlangsamt, stellen sich Fragen nach Suffizienzstrategien. Braucht unser Haushalt den Zweitwagen oder sind wir mit ÖPNV und Carsharing mobil? Woher kommt mein Essen und wie wird es hergestellt? Soll ich das Duschgel in der Plastikflasche nehmen oder das unverpackte Seifenstück? Und wie kann ich mich engagieren, um auf Politik und Wirtschaft einzuwirken?

Lebensfreude und Verbundenheit

Vielleicht kann ich erfahren, dass soziale Einbindung und Leben nach gemeinsamen Werten genau die Lebensfreude und Sicherheit gibt, die ich vergeblich in Geldvermehrung und Konsum gesucht habe. Dann kann meine Arbeit als sinnhaft erlebt werden, wenn ich weiß, dass sie übergeordnete Ziele verfolgt. Und dann können die großen Fragen gestellt werden: Welche Werte will ich bewusst leben? Wer bin ich? Was gibt meinem Leben Sinn?

Wenn unser Menschenbild vom Bewusstsein geprägt ist, dass alles auf dieser Erde zusammenhängt, dann ist das Schicksal der Elektrosklaven bei der Herstellung meines Handys, die Klimaflüchtlinge oder die Vernichtung der Bestäuber durch Pestizide plötzlich nicht mehr egal für mein eigenes Wohlergehen und das meiner Nachkommen. Packen wir es an!

Kontakt

hirunda – sustainable coaching
Rebecca Türkis

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