Was uns erfolgreich macht: Geben, Nehmen oder Tauschen?

Ein Kommentar von Ulrike Stahl *

Der Software-Unternehmer Adam Rifkin wurde vor einigen Jahren vom US-Wirtschaftsmagazin „Fortune“ zum besten Netzwerker gekürt. Sein Erfolgsgeheimnis? Rifkin hat es sich zur Routine gemacht, mit geringem Aufwand hohen Nutzen für andere zu stiften. Seine Maxime: Du solltest für jedermann bis zu fünf Minuten deiner Zeit aufwenden. Das Jedermann nimmt er sehr ernst. Er macht keinen Unterschied, ob er die Person bereits kennt oder nicht. Und vor allem macht er es nicht davon abhängig, was er davon hat. Er ist ein Geber und kein Tauscher.

 Den Unterschied beschreibt Professor Adam Grant in seinem Buch „Geben und Nehmen: Warum Egoisten nicht immer gewinnen und hilfsbereite Menschen weiterkommen“ (erschienen 2016 bei Droemer). Geber sind nach seiner Definition ausgeprägt hilfreiche Menschen. Tauscher sind Personen, die immer auf angemessene Gegenleistung achten. Und Nehmer schließlich, nennt er diejenigen, die vorrangig auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.

Geben soll also erfolgreich machen? Sehr schnell kommen dabei Ängste in uns hoch. Was, wenn wir gegenüber jemandem großzügig sind, der es nicht zu schätzen weiß? Was, wenn unsere Großzügigkeit schamlos ausgenutzt wird? Was, wenn wir dabei selbst auf der Strecke bleiben? Oft haben wir dann auch gleich das Bild eines Menschen vor Augen, der sich für andere aufopfert und selbst nicht vorwärtskommt. Auf diese Weise scheint man es in unserer Gesellschaft nicht weit zu bringen und in unserer Wirtschaft nicht erfolgreich sein zu können. Warum sollten wir uns dann so verhalten?

Grant hat das genauer untersucht. Tatsächlich zeigen seine Forschungen erst einmal, dass sich an den unteren Stufen der Erfolgsleiter deutlich mehr Geber als Nehmer finden. In einer belgischen Studie gaben Medizinstudenten mit den schlechtesten Noten besonders häufig an, dass sie ihr Wissen bereitwillig teilen und ihren Kommilitonen häufig und gerne helfen. Ähnlich sieht es bei einer Untersuchung unter Verkäufern im US-Bundesstaat Carolina aus. Die Verkäufer, denen die Anliegen ihrer Kunden besonders am Herzen lagen, erzielten nur rund 40 Prozent des Jahresumsatzes der Kollegen, die stärker auf ihren Vorteil bedacht waren.

Dann hat Grant aber auch analysiert, wer sich an der Spitze der Erfolgsleiter befindet. Dabei stieß er auf ein überraschendes Ergebnis: Die Geber belegen nicht nur die hinteren Plätze, sondern auch die vorderen. Nicht nur die besonders erfolglosen Medizinstudenten waren außergewöhnlich hilfsbereit und unterstützend, sondern auch die besonders guten. Nicht nur die umsatzschwächsten Verkäufer waren besonders kundenorientiert, sondern auch die umsatzstärksten.

Mit seinen Studien hat Professor Grant die Grundannahme, dass man nur durch gesunden Ellbogeneinsatz erfolgreich sein kann, widerlegt. Geben macht erfolgreich und hilfsbereite Menschen haben mindestens die gleichen Erfolgschancen wie Egoisten. In Zukunft werden übrigens die Geber die Nase vorne haben. Wie das Beispiel Adam Rifkin zeigt, haben sie das bessere Netzwerk und darin Menschen, die nicht nur bereit sind zu helfen, wenn es nötig ist, sondern auch proaktiv etwas zurückgeben. Je komplexer und vernetzter unsere Aufgaben sind, umso wichtiger ist dieses kooperative Netzwerk.

Falls Sie sich jetzt vielleicht fragen, wie Sie es vermeiden, als Geber am Ende der Erfolgsleiter zu landen: Stellen Sie sicher, dass Sie trotz aller Großzügigkeit auch genügend Zeit dafür investieren, Ihre eigenen Interessen zu befriedigen. Kooperativ zu sein heißt nicht, nur für andere da zu sein, sondern es bedeutet sowohl Verantwortung für die eigenen als auch die gemeinsamen Ziele zu übernehmen.

Sechs Tipps – in nur fünf Minuten Nutzen stiften

  • Zwei Menschen miteinander bekanntmachen und dabei darauf hinweisen, wo es Berührungspunkte gibt – entweder persönlich, per XING oder E-Mail.
  • Ein Produkt ausprobieren und hilfreiches Feedback geben.
  • Sich als Referenz für ein Produkt oder einen Service anbieten.
  • Etwas auf Facebook, LinkedIn, Twitter kommentieren oder teilen.
  • Einen interessanten Artikel an jemanden weiterleiten.
  • Einen Blogbeitrag kommentieren.

Silodenken macht Menschen müde. Als Gemeindekämmerin hat Ulrike Stahl das selbst erlebt. Ihren Erweckungsmoment hatte sie bei den Vereinten Nationen, wo Kooperation und Kollaboration weltweit Frieden, Recht und Wohlstand fördern. Seit über 15 Jahren berät sie Unternehmen, Führungskräfte und Entrepreneure, wie sie den Erfolgsfaktor WIR für sich nutzen. Als Professional Speaker inspiriert sie mit ihrem Credo: „Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ. So geht WIRTSCHAFT!“ www.ulrike-stahl.com