Personal Branding durch Fokussierung
Dr. Anke Nienkerke-Springer berät und begleitet seit über 25 Jahren mit Ihrem Unternehmen Nienkerke-Springer Consulting Menschen und Unternehmen in Veränderungsprozessen und auf dem Weg hin zu einer wertschätzenden Unternehmenskultur. Nun ist Ihr neues Buch erschienen mit dem Titel „Personal Branding durch Fokussierung. In 10 Schritten zur einzigartigen Persönlichkeit“.
Elita Wiegand hat mit Dr. Anke Niernkerke-Springer dazu ein Hintergrundgespräch geführt.
Ihr Buch „Personal Branding durch Fokusssierung“ unterscheidet Sie sich deutlich von anderen Konzepten, bei denen die Selbstdarstellung und das „Gefallen wollen“ im Vordergrund steht. Was genau verstehen Sie unter einer fokussierten Persönlichkeit?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Mit meinem Buch will ich einen Unterschied machen zu den Büchern die sehr stark auf eine Selbstdarstellung im Außen insistieren und die Botschaft haben „mach es so, möglichst laut und oft und dann bist Du erfolgreich“ ….Letztendlich geht es ja immer um den Menschen, um seine Persönlichkeit. Was zählt ist nicht die Penetranz, sondern die Relevanz.
Eine fokussierte Persönlichkeit weiß genau, was untrennbar zu ihr gehört und was sie in ihrem tiefsten Inneren ausmacht und antreibt. Auf die Frage „Wer bin ich?“ hat sie eine Antwort gefunden. Darum kann sie Integrität und Haltung zeigen. „Besser ein Mensch mit Ecken und Kanten als ein rundes Nichts“ – danach lebt sie. Sie sehnt sich danach, ihrem Tun einen Sinn zu geben, das erzeugt Resonanz und wirkt auch auf das Umfeld. Ein Vorteil: Die Menschen im Umfeld, auch die Mitarbeiter und Kunden, wissen, woran sie sind. Fokussierte Persönlichkeiten übernehmen Führungsverantwortung, die für die Mitarbeiter erfahrbar und überprüfbar ist und haben für sich eine klare Kernbotschaft.
Nun sind gerade im Social Media Web viele unterwegs, die sich profilieren wollen. Wie entgeht man der Falle sich ständig positiv darzustellen und das reale Leben zu vernachlässigen?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Um eine Außendarstellung kommen heutzutage Führungskräfte und (angehende) Manager nicht umhin. Ohne die wahrnehmbare Darstellung der Persönlichkeit und Kompetenzen ist es kaum möglich, Stakeholder, Geschäftsleitung, Mitarbeiter und Kunden zu überzeugen. Von der Top-Führungskraft wird gefordert, dass sie als Person an der Spitze als Identifikationsfigur und Navigator des Unternehmens und seiner Strategie agiert. Dabei steht sie unter ständiger Beobachtung von Mitarbeitern, diversen Interessengruppen und Stakeholdern, die zum Teil jede ihrer Äußerungen, jede ihrer Handlungen und natürlich jede Entscheidung kommentieren und interpretieren, um herauszufinden, was sie vorhat und wofür sie steht. Da die mediale Zuspitzung im Zeitalter von Social Media deutlich zugenommen hat und damit die öffentliche Präsenz als Person, ist der Umgang mit den Erwartungen nicht immer ganz einfach. Insofern ist die Arbeit an einem Personal Brand keine Eitelkeit, sondern eine Notwendigkeit. Mit einem Personal Branding Konzept baut eine Führungskraft sichtbare Alleinstellungsmerkmale auf. Es geht dabei um einen Personal Brand mit menschlichem Antlitz. Das erfordert zunächst einmal eine Innensicht, wozu auch gehört sich auf den eigenen Persönlichkeitskern und die Kernbotschaft zu fokussieren. Diese in Worte zu kleiden sowie für Sichtbarkeit und Wahrnehmung zu sorgen, um sich als Mensch mit Ecken und Kanten zu zeigen. Handlungsleitende Fragen sind zum Beispiel: Wofür stehe ich? Was macht mich als Persönlichkeit aus? Was ist mein Anliegen, meine Ambition? Kurz: Wer bin ich?
Haltung zeigen sind eine der Kernbotschaften, die eine fokussierte Persönlichkeit ausmachen. Wie lernt man, eine Haltung zu sich und anderen Menschen zu entwickeln?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Je unsicher die (Unternehmens-) Welt, desto wichtiger ist die Haltung des Einzelnen, insbesondere dann, wenn man Führungsverantwortung trägt und Entscheidungsträger ist. Haltung entsteht aus dem Wissen heraus, wer man ist und wofür man steht. Haltung kann nur derjenige entwickeln, der auch eine Haltung zu sich selbst und eine Haltung gegenüber anderen hat, der sich selbst Halt geben kann. Haltung wirkt dann wie ein innerer Kompass. Führungspersönlichkeiten mit Haltung verfügen über ein Wertegerüst, das ihnen Orientierung, Sicherheit und Stabilität verleiht – eine Stabilität, die es ihnen ermöglicht, Mitarbeiter und andere Stakeholder von der Sinnhaftigkeit notwendiger Veränderungsprozesse zu überzeugen und sie zu motivieren aktiv an Veränderungen mitzuwirken. Die Haltung einer Führungskraft ist sozusagen der Kompass des Unternehmens. Mitarbeiter können den Chef als Mensch mit „Ecken und Kanten und kein rundes Etwas“ einschätzen. Führungskräfte mit Haltung wissen genau, wofür sie stehen und ihre Haltung steckt einen Kommunikations- und Interaktionsrahmen ab. Das erfordert den Dreiklang von Selbstbewusstsein, Selbstverantwortung und Selbstsicherheit. Eine Haltung steht auch immer im Zusammenhang mit dem Willen, Verantwortung zu übernehmen, für die eigenen Taten, die Mitarbeiter, kurz für das eigene Tun in dieser Welt.
Zu den wichtigen Werte als Führungskraft zählt Empathie. Doch oft hat man den Eindruck, dass genau diese Werte in der Wirtschaft fehlen. Wie erleben Sie als Beraterin Führungskräfte in Bezug auf das Thema Werte?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Ich erlebe zunehmend mehr Bereitschaft sich mit dem Thema Werte und Verhalten auseinanderzusetzen. Werte geben Orientierung und Halt, insbesondere in turbulenten Zeiten. Das erkennen Unternehmen und Führungskräfte. Im Fokus stehen dabei weniger die Leistung und Kompetenzen des Einzelnen, sondern primär seine Einstellung und Haltung.
Was zählt ist die Wahrnehmung, die man von einer Führungskraft hat, denn „Perception beats Performance“. Das gibt auch Stakeholdern Orientierung und Klarheit. In Unternehmen, die einen Kulturwandel anstreben ist es wichtig, dass Führungskräfte Stabilität vermitteln und Haltung zeigen. Fragen, wie positioniere ich mich, wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen, was macht mich zu der Person die ich bin usw., das sind Fragen mit denen sich Führungskräfte auseinandersetzen müssen, wenn es um die Schärfung ihres Profils geht. Es braucht Führungskräfte die authentisch und fokussiert sind. Ich spreche dabei auch von einem vierfachen E-Faktor: Das bedeutet die Führungskraft ist fähig zur kognitiven und emotionalen Empathie, zur empathischen Zuwendung und zum empathischen Entscheiden. Und, Führung ist immer ein Jonglieren zwischen empathischem Verstehen und „harter“ Konfrontation.
Im Zeitalter der Kommunikation entsteht immer mehr der Eindruck, dass wir verlernen zu kommunizieren und uns oft nicht verstehen. Was machen wir falsch?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Zuhören und Verstehen wollen ist ein elementarer Beitrag zu einer wertschätzenden Kommunikation. Im Kern einer gelingenden Kommunikation geht es immer um Wertschätzung, um ein gleichermaßen achtsames und aufmerksames Zuhören und die Bereitschaft, sich dem Gesprächspartner zu öffnen. Durch meinen gehörlosen Großvater habe ich gelernt, dass es viele Wege zu einer gelingenden Kommunikation gibt und dabei eines eine zentrale Rolle spielt: achtsames und aufmerksames Zuhören und die Bereitschaft sich dem Gesagten zu öffnen. Ich beobachte häufig, dass in Unternehmen viel diskutiert, allerdings nur sehr wenig miteinander gesprochen wird. Dort spricht man selten mit-, sondern häufig gegeneinander. Eine Hinwendung zu mehr Achtsamkeit im Dialog würde viele Konflikte lösen und letztlich auch Führungskompetenzen steigern.
„Besser ein Mensch mit Ecken und Kanten als ein rundes Nichts“
Sie verwenden EPBS (Executive Personal Brand Strategy) und stellen dazu zehn Schritte vor. Was beinhaltet EPBS und was erreicht man damit?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Es geht darum, wie wir zu dem werden, der wir sind. Es geht darum, die eigene Größe und das Herausragende, was mich einzigartig macht zu benennen. Leistungen und Kompetenzen stehen da nicht primär im Fokus, sondern das, was mich im Innerstern antreibt und motiviert. Die Executive Brand Strategy hilft Ihnen, Ihren Persönlichkeitskern, Ihre Kernbotschaft in einem Personal Brand zu verdichten, sich zu stärker zu positionieren. Kurz: sich den Status der Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit zu erarbeiten indem sie ihre Persönlichkeit schärfen wie einen Rohdiamanten und zu einem strahlenden Diamanten werden. „Besser ein Mensch mit Ecken und Kanten als ein rundes Nichts“, ist eines meiner Lieblingszitate.
Haltung ist das Schlüsselwort. Haltung entsteht aus dem Wissen wofür man steht. Je unübersichtlicher die (Unternehmens-) Welt, umso wichtiger wird die Haltung des Einzelnen, insbesondere für Top-Manager und Führungskräfte in hohen Positionen. Menschen mit Haltung verfügen über eine innere Stärke und Souveränität, die auch andere spüren. Haltung wird sozusagen zu einem inneren Kompass, bedeutet Überzeugung und wird von Werten geleitet. Die meisten Menschen stößt es ab, wenn sich hinter einer Inszenierung nur „heiße Luft“ verbirgt. Haltung erzeugt Resonanz. Resonanz zu erzeugen heißt, aus der eigenen Größe heraus zu handeln, Zugehörigkeit und Verbundenheit herzustellen, das eigene Anliegen zu formulieren und eben ein Mensch mit Ecken und Kanten zu werden.
Warum gibt es so wenige einzigartige Persönlichkeiten?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Mir begegnen im Coaching und Transformationsprozessen viele ambitionierte Menschen und Führungskräfte. Hemmend wirken oftmals die Bedingungen des Systems, sprich des jeweiligen Unternehmens, das Einzigartigkeit nicht zulässt. Windschnittige 08/15-Führungskräfte ohne Ecken und Kanten sind beliebter als Persönlichkeiten, die ihre unangepasste Einmaligkeit leben. Hier müssen die Unternehmen umdenken. Denn es werden die Unternehmen überleben, die mithilfe einer wertschätzenden Unternehmenskultur Querdenker fördern und es Führungskräften und Mitarbeitern erlauben, ihre individuellen Stärken und Potenziale zu entfalten.
Im Management und in der Wirtschaft werden die heutigen Zeiten oft mit dem Begriff „VUCA“ (Volatility = Unberechenbarkeit, Uncertainty = Unsicherheit, Complexity = Komplexität und Ambiguity = Mehrdeutigkeit) bezeichnet. Welchen Herausforderungen sehen sich Führungskräfte in der VUCA-Welt gegenüber?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: VUCA führt häufig dazu, dass Menschen lieber verharren, statt sich zu bewegen und weiterzuentwickeln. Menschen fühlen sich zunehmend unsicher und suchen nach Stabilität. Das ist eine Herausforderung für Führungskräfte die Wandel gestalten, Transformationsprozesse begleiten und das Unternehmen voranbringen wollen. Kurz: Die PS auf die Strasse bringen sollen. Führungskräfte müssen sozusagen das Gegenteil der VUCA Welt bestätigen – Sicherheit und Stabilität geben, Gewohnheiten bieten, Rituale im Management. Dann entsteht Vertrautheit. Mitarbeiter wollen wissen, wie sie dran sind. Was passiert : Wir suchen nach Stabilität – wir suchen ein „Zuhause“, nach Sinn, Purpose.
Was allerdings oftmals passiert ist, das dem Bedürfnis nach Sicherheit ein noch mehr Kontrollieren, Verordnen, Vergleichen, Messbar machen und Absichern entgegengesetzt wird, in der Hoffnung, dass dadurch bessere Ergebnisse entstehen. Das ist allerdings mitnichten der Fall. Was entsteht ist Frustration und Stagnation. Und wir wissen, wenn nichts passiert bleibt es nicht so wie es ist, es wird nur noch schlimmer. Führungskräfte sind gefordert Unternehmen menschlicher zu machen, Haltung zu zeigen, Mitarbeiter für ihre Ideen zu gewinnen und Querdenken anzuregen. Das erfordert einen starken Eigenwillen, eine klare Fokussierung, eine große Ambition und den Mut sich auf der „Bühne“ zu zeigen und seiner Intuition zu trauen. Sie sind heute mehr denn je gefragt stärker in Menschen und Kommunikation zu investieren. Damit meine ich nicht ausschließlich die Kommunikation über E-Mail oder Social Media Kanäle, sondern ein Mensch zu sein der nahbar ist und eine Begegnung auf Augenhöhe schafft. Führung ist kein Privileg sondern eine Dienstleistung. Wer sich nur anhand von Zahlen, Daten und Fakten definieren will sollte lieber keine Führungsaufgaben übernehmen.
Welche Rolle spielt eine Kernbotschaft beim Personal Branding? Und was macht eine gute Kernbotschaft aus?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Menschen die einen Personal Brand entfalten und ihr Profil schärfen wollen, können sehr genau beschreiben, wofür sie stehen. Sie haben herausgefunden, was sie zu der Person macht, die sie sind. Fokussierungsstrategien helfen diese wesentlichen Aspekte in den Blick zu nehmen und zu schärfen. Eine Kernbotschaft erschöpft sich nie in Zahlen-Daten-Fakten. In ihr drückt sich vielmehr die Haltung und Lebensvision aus, die für eine Person bestimmend ist. Eine Kernbotschaft gibt die Richtung vor, in die ich mich weiterentwickeln will, vergleichbar mit einem Polarstern der dazu dient die geografische Richtung festzustellen. Es findet sich immer eine Übereinstimmung zwischen Person und Tun die zu einem hohen Maße an Übereinstimmung und damit Glaubwürdigkeit führt.
Führungskräfte sollten den Mut haben, sich mit Ihrer Haltung, Ihren Werte, Ihrer Persönlichkeit und mit dem Sinn und Zweck Ihres Lebens und Ihrer Tätigkeit auseinander zu setzen. Sich nicht davor scheuen, die „großen Fragen“ zu stellen. Das hat nichts mit hochtrabender Anmaßung zu tun, sondern vielmehr mit dem Versuch, den Menschen in Ihrem Umfeld und insbesondere den Kunden zu zeigen, mit wem sie konkret zu tun haben und wie Sie ticken.
Können Sie ein Beispiel für eine fokussierte Persönlichkeit nennen?
Dr. Anke Nienkerke-Springer: Malala Yousafzai, die 2014 den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen erhielt ist ein prominentes Beispiel eines Menschen mit einer Kernbotschaft. In ihrer Rede vor den Vereinten Nationen in New York hat sie ihre Vision von einer gerechten und toleranten Welt, in der alle Kinder das Recht auf Bildung und Frieden haben, in einer Kernbotschaft verdichtet: „Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und ein Stift können die Welt verändern“. Das ist für mich Fokussierung pur. …..