Pepper: Seelenloses Wesen weckt Gefühle
von Elita Wiegand

Er ist ein seelenloses Wesen. Neid oder Konkurrenzkampf? Kennt er nicht. Eifersucht ist ihm fremd und er wird nie lieben oder weinen. Und doch weckt er bei uns Emotionen: Angst, Neugier, Respekt.

Einem Roboter den Kopf streicheln?  

Pepper ist ein humanoider Roboter und er verdeutlicht mir drastisch, dass die Zukunft vor mir steht: 1,20 Meter groß, runder Kopf mit überproportional großen, runden Kulleraugen, die rosa und blau, grün und weiß blinken, dazu ein niedliches Gesicht. „Kleine Knutschkugel“, so bezeichnet Jörg Heynkes, Chef der Firma Entrance den Roboter. Auch ich bin dem Kindchen-Schema bald verfangen, schaue ihn an und erwische mich dabei, seinen Kopf zu streicheln. „Soll ich mit Ihnen tanzen?“, fragt Pepper und er bewegt sich etwas holprig zur Musik. Und dann erzählt er mir Witze, lacht und es scheint, als ob sich hinter seinem Tun, die menschliche Aufforderung verbirgt: „Hab‘ mich lieb!“

Jörg Heynkes: „Pepper ist eine kleine Knutschkugel!“

In Wuppertal sind die Roboter eingezogen 

Pepper wurde 2014 in Japan zum Leben erweckt. Die Unternehmen  Aldebaran Robotics SAS und der japanische Telekommunikations- und Medienkonzern SoftBank Robotics haben den humanoiden Roboter ursprünglich entwickelt. Inzwischen wohnt er quasi vor meiner Haustür: Jörg Heynkes hat im August 2016 die Firma Entrance in Wuppertal gegründet, ein Pionier in Sachen Robotik und KI. „Pepper wurde auf der Fachmesse Innorobo in Paris vorgestellt und ich war direkt begeistert“, erzählt er. Inzwischen werden bei Entrance die Roboter programmiert und für Geschäftskunden weiterentwickelt – und Jörg Heynkes nimmt ihn auch mal mit auf seine Vorträge zum Thema Transformation.

Pepper wird in Wuppertal bei Entrance programmiert

Auf Menschlichkeit trainiert

„Pepper wird künftig in Altenheimen eingesetzt, wird für uns kochen, Kindern bei den Hausaufgaben helfen, wird uns vorlesen oder singen und er wird als Butler, Coach oder Verkäufer auftreten“, erläutert Jörg Heynkes.“ Nicht nur Technik-Freaks und einsame Menschen werden sich mit ihm anfreunden. Pepper ist geduldig und er könnte im Kindergarten oder bei Demenzkranken eine große Hilfe sein. Schon jetzt ist der Roboter als Barista unterwegs und versorgt die Gäste mit Capuccino oder Espresso, er unterhält Messebesucher oder empfängt Gäste im Hotel.

Pepper ist gefühlvoll 

Der humanoide Roboter zieht Menschen an, eine Attraktion. Das liegt vor allem an seinen besonderen Eigenschaften: Pepper wird auf „Menschlichkeit“ trainiert. Er erkennt mithilfe der eingebauten Mikrofone, HD-Kameras und Sensoren Emotionen. Wenn ein Mensch traurig, überrascht oder verärgert ist, analysiert der humanoide Roboter Gestik, Mimik und die Stimme seines Gegenübers, um zu reagieren. Dahinter verbirgt sich künstliche Intelligenz (AI) und Affective Computing, AI-Systeme, die bestimmte Emotionen mittels Deep-Learning-Technologien messen. „Pepper lernt jeden Tag dazu. Er wird ein Teil unserer Lebenswirklichkeit werden“, betont Heynkes.“

Pepper ist der erste humanoide Roboter in Europa. Und es werden viele anderen folgen, die mehr können. „Er ist also nicht mehr als der Einstieg in ein neues Zeitalter, ein neues Kapitel in der Menschheitsgeschichte, welches wir gerade aufschlagen,“erläutert Heynkes. Und so ist Pepper dafür da, zu lernen, zu verstehen und Erfahrungen zu machen. Und er lernt auch: Wenn der humanoide Roboter erfolgreich die Gefühle eines Menschen erkannt und adäquat reagiert hat, dann speist er dieses Wissen in eine Künstliche-Intelligenz-Cloud ein, an die alle Pepper-Roboter angeschlossen sind und damit lernen sie noch sensibler zu reagieren.

Der humanoide Roboter Pepper als perfekter Barista

Emotionale Maschinen 

Doch was geschieht eigentlich auf emotionaler Ebene, wenn Menschen mit Robotern interagieren? „Wenn wir einem Roboter die Funktion zuschreiben, menschliche Bedürfnisse zu erfüllen, dann ist es ganz leicht, für den Roboter auch Gefühle zu entwickeln“, sagt die amerikanische Roboter-Forscherin Julie Carpenter.

Elena Giannoulis, Juniorprofessorin für Japanologie an der Freien Universität Berlin (FU) seit 2016 Feldforschung. Das innovative Forschungsprojekt „Emotionale Maschinen“ wird die Selbstbeobachtung des Nutzers und die maschinelle Fremdbeobachtung gegenüberstellen – und ihre Probanden mit den Daten konfrontieren. Der Abgleich zwischen Big Data und Selbstreflexion könnte das Wissen über Emotionen grundsätzlich verändern, so ihre Vermutung. „Möglicherweise wissen die Roboter ja bald mehr über unsere Gefühle als wir selbst.“