Förderliche oder destruktive Führung?
Drei Gründe, warum Techniken und Methoden versagen
von Christoph Döhlemann, Bamberg*
Die Aufgabe einer guten Führungskraft ist es, einen Raum zu schaffen, in dem die Mitarbeiter sich selbst verwirklichen können und gleichzeitig zu einem gemeinsamen Ziel beitragen. Personalführung ist heute also eher Entwicklungsarbeit. Und Mitarbeitermotivation ist mehr Potenzialmanagement. In Zukunft reichen Menschenkenntnis und Führungstechniken dafür nicht mehr aus.
Erfolgreiche Führung ist eine der spannendsten Aufgaben überhaupt. Früher konnten Angestellte leicht durch Macht, Geld oder Abhängigkeit motiviert bzw. kontrolliert werden. Heute stehen Führungskräfte vor unabhängigen und selbstbestimmten Mitarbeitern. Unzählige Techniken und Modelle stellen eine leichte und wirksame Steuerung des Teams in Aussicht. Doch führt eine Methode – so logisch sie auch erscheint – automatisch zu einer verbesserten Mitarbeitermotivation?
Extremfälle? Oder eher Alltag?
Die Mitarbeiter sind begeistert von der Führungskraft und deren Ideen. Sie bringen im Arbeitsalltag ihre maximal mögliche Leistung für das Erreichen der gemeinsamen Unternehmensziele. Dabei arbeitet das Team Hand in Hand. Anweisungen werden befolgt, obwohl grundsätzlich jeder selbstständig und eigenverantwortlich arbeitet.
Oder …
Bei einem begeisterten Vortrag über ein neues Projekt schaut die Führungskraft in verständnislose, zum Teil sogar kritische Gesichter. Das teuer bezahlte Team- oder Motivationsevent führt zu Gemecker, dass „diese Späßchen“ nur von der Arbeit abhalten. In Mitarbeitergesprächen sind vor allem Rechtfertigungen zu hören, warum das Erreichen des Ziels oder die Erfüllung der Aufgabe nicht möglich war oder wer sonst daran schuld ist. In langwierigen Meetings wird über Banalitäten stundenlang diskutiert.
In der Praxis kommen beide Extremfälle vor, ebenso viele Mischvarianten daraus. Welche Faktoren entscheiden darüber, ob sich die jeweilige Führungstechnik förderlich oder destruktiv auf die beteiligten Menschen auswirkt?
Die schwierige Wahl der Führungstechnik
Führungskräfte gehen oft davon aus: Was mich begeistert, muss auch andere begeistern! So wie ich geführt werden möchte, so führe ich meine Mitarbeiter. Das funktioniert – aber nur, wenn die Führungskraft ausschließlich Mitarbeiter einstellt, die genauso denken, fühlen und handeln wie sie selbst. Eine alternative Möglichkeit ist es, Führungstechniken zu wählen, die wirklich zu den Mitarbeitern passen. Dabei geht es NICHT darum, das Team so zu führen, wie die Mitarbeiter das gerne hätten. Es geht darum, die Menschen im Unternehmen auf einer anderen Ebene zu verstehen und dort auch erreichen zu können. Dann können Führungskräfte erkennen, was Mitarbeiter wirklich brauchen, um ihre Potenziale nutzbringend für die gemeinsamen Ziele einsetzen zu können. Wählt eine Führungskraft ihre Methoden nach diesem Kriterium aus, ist die Chance einer förderlichen Wirkung für das Unternehmen viel größer.
Der Hauptfaktor für erfolgreiche Führung ist aber nicht die Methode oder Technik, sondern der Punkt WIE und besonders VON WEM sie eingesetzt wird. Entscheidend ist die innere Entwicklung (und damit die tatsächliche Wirkung) der Führungskraft selbst. Wie Rudolf Mann es treffend formulierte: „In Zukunft führt nicht mehr der Mächtige, sondern der Bewusste!“
Vorsicht, Sabotage!
Wissen, Methoden und Techniken sind heutzutage jedem frei zugänglich und damit weitgehend ausgeschöpft. Deshalb werden sie immer weniger wirksam und können nutzbringende Personalführung sogar sabotieren. Eine Technik zur Mitarbeitermotivation, die dem Team schon lange bekannt ist, weil sie bereits von Vorgängern genutzt wurde, wirkt so sexy wie die immer gleichen Partyspiele bei Geburtstagsfeiern. Zudem wird die Gesellschaft insgesamt bewusster. Die Menschen werden feinsinniger und können intuitiv schneller erfassen, was wirklich läuft (anstatt auf das Aufgesetzte hereinzufallen).
Der wichtigste Faktor für wirksame Personalführung ist also das Bewusstsein der Führungskraft. Erkennt sie Zusammenhänge, die andere nicht sehen, und kann diese steuern, ist das ein echter Vorteil im Unternehmen. Dafür ist es notwendig, dass Führungskräfte ihre eigene Meinung, verfestigte Denkweisen, Gewohnheiten und Glaubensmuster erkennen und verändern können. Dieser Weg beginnt immer mit Selbstreflexion und Innenarbeit. Für einen Einstieg in die Bewusstseinsarbeit stelle ich hier drei beliebte „Fallen“ in der Mitarbeiterführung vor und dazu auch gleich drei mögliche Auswege, die Führungskräften das Leben leichter machen:
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Die Mitarbeiter manipulieren
Mit erlernten Führungstechniken und angepasstem Verhalten werden Meinungen, Gefühle und Verhaltensweisen der Mitarbeiter manipuliert und kontrolliert. Das beginnt bei aufgesetztem Interesse oder gespielter Freundlichkeit und führt bis zu ganz bewusster Manipulation z.B. durch psychologische Fragetechniken oder emotionalen Druck. Neben der ethischen Bedenklichkeit ist die Problematik der Manipulation, dass sie in den meisten Fällen (unbewusst) entlarvt wird. Auch wenn es der Mitarbeiter nicht genau benennen kann, entsteht mindestens ein mulmiges Gefühl. Im schlimmsten Fall entzieht er der Führungskraft das Vertrauen und sie verliert dadurch seine innere Kooperationsbereitschaft.
Was Führungskräfte stattdessen tun können:
Werden Sie sich zunächst bewusst darüber, wo und wie Sie Ihre Mitarbeiter manipulieren. Fragen Sie sich, warum Sie das tun. Fühlen Sie sich als Führungskraft innerlich nicht attraktiv genug? Sind Sie es nicht wert, dass man Ihnen folgt? Haben Sie Angst vor Ablehnung? Fürchten Sie Kontrollverlust? Wenn Sie sich selbst erkennen und gut mit sich umgehen können, dann können Sie das auch mit Ihren Mitarbeitern. Mit Wahrhaftigkeit und Sich–Selbst–Bewusstsein können Sie als Führungskraft echte Strahlkraft entwickeln und ein authentisches Vorbild sein, dem die Menschen gerne folgen. Manipulationen oder stringente Führungstechniken werden so überflüssig.
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„Tu was ich sage, nicht was ich tue!“
Von unserem Team erwarten wir, dass Regeln einhalten werden. Hält ein Mitarbeiter sich nicht an die Regeln, gibt´s Ärger. Aber wie sieht das bei Führungskräften aus? Sie bekommen natürlich keinen „Ärger“ im Sinne von Rüge, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Das „Feedback“ darauf könnte eher daraus bestehen, dass die Mitarbeiter sich über die Führungskraft aufregen, dem Unternehmen durch Frust und Demotivation Kraft rauben und die Ungerechtigkeit „ausgleichen“, wann und wie auch immer sich die Möglichkeit bietet.
Was Führungskräfte stattdessen tun können:
Regeln werden von Menschen gemacht. Aber dann gelten sie für alle gleich! Wenn in Meetings die Handys ausgeschaltet werden, sollte Ihr eigenes auch ausgeschaltet sein. Wenn Kunden wertschätzend behandelt werden, sollten Sie auch nicht hintenrum lästern. Wenn Abgabefristen eingehalten werden sollen, dann erledigen Sie auch immer alles pünktlich. Haben Sie als Führungskraft Sonderregeln im Unternehmen, sollten Sie diese zumindest im Team kommunizieren und diese dann strikt einhalten. Wenn auf dem Firmengelände nicht geparkt werden soll, Sie selbst aber jeden Morgen dort parken, dann ist das Ihr gutes Recht. Informieren Sie Ihr Team darüber und erklären evtl. sogar den Grund, ersparen Sie sich viele Kraftverluste durch unnötiges „Geläster“.
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Bestechen statt Begeistern
Systemisch gesehen funktionieren Unternehmen genauso wie Familien. Was passiert wohl, wenn Kinder alles bekommen, was sie haben wollen? Werden sie dann dankbar und zufrieden sein oder eher verwöhnt und immer anspruchsvoller? In der Personalführung ist das exakt genauso, auch wenn die Menschen erwachsen sind. Das ist die Hauptproblematik in der Mitarbeitermotivation, die in vielen Unternehmen aus „Belohnung für gute Leistung“ besteht: Der Reiz der Befriedigung wird schnell zur Gewohnheit. Dann braucht der Mensch nicht nur einen immer größeren Reiz, sondern entwickelt sogar Besitzansprüche und ein Gefühl von „Ich habe ein Recht darauf“. Das gilt nicht nur für materielle Reize, wodurch viele Führungstechniken schnell an ihre Grenzen stoßen.
Was Führungskräfte stattdessen tun können:
Überwinden Sie Ihre innere Abhängigkeit zu den Mitarbeitern. Sie sollten als Führungskraft so attraktiv sein, dass die Menschen Ihnen freiwillig folgen. Auch sollte die Unternehmensvision so begeistern, dass die Mitarbeiter aus eigener Motivation dabei mitwirken. Ein „Entzug“ mit bereits „verwöhnten“ Mitarbeitern ist oft eine heikle Angelegenheit. Auch hier ist ein Schlüssel Bewusstseinsarbeit: Ermöglichen Sie Ihrem Team die Selbsterkenntnis, dass die Beschäftigung mit persönlichen Befindlichkeiten verhindert, dass sie wahre Erfüllung im Job erleben. Eröffnen Sie dann mögliche Wege und bieten Lösungen an, wie Ihre Mitarbeiter das verändern können, wenn sie das möchten.
Mit viel Bewusstsein über sich selbst und die tieferen Wirkungsweisen in und zwischen Menschen kann erfolgreiche Personalführung heute und in Zukunft eine dankbare, freudvolle Aufgabe sein. Kann eine Führungskraft Menschen in ihrer positiven Entwicklung unterstützen, profitieren alle: Die Führungskraft selbst, ihre Mitarbeiter, ihr Unternehmen und die ganze Gesellschaft.
Fotos: Cassey Cambridge und Christoph Döhlemann
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Christoph Döhlemann
Christoph Döhlemann ist Unternehmer und Initiator des QUANT-Modells®. Seit 1996 begleitet er Unternehmer und Führungskräfte dabei, sich von innen heraus zu stärken und so den Herausforderungen der Zukunft kraftvoll zu begegnen. Für ihn kann Management leicht, beschwingt, freudvoll und souverän sein: „Nichts ist drinnen, nichts ist draußen. Denn was innen, das ist außen.“ Sein Bild für eine sinnvolle Persönlichkeits- und Personalentwicklung zeigt: Alles ist schon in uns, es ist oft nur von vielen Schichten verdeckt und verborgen. Sein Ziel: Eine wirkliche „ENT-Wicklung“, die den Kern der Persönlichkeit freilegt und den Menschen zum Strahlen bringt. www.quant-leading.de
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