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Digitale Nomaden; Was ist das eigentlich?

Freiheit, dieses Wort klingt in Herz und Seele nach. Digitale Nomaden setzen diesen Lebensaspekt an oberster Stelle, sie verzichten auf einen Arbeitsplatz im Büro, einen festen Wohnsitz, oft auch auf Familie und ganz sicher darauf, von einem Chef kommandiert zu werden. Ihr Alltag findet auf Reisen statt – und dafür, dass sie trotzdem genug Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen können, sorgt das World Wide Web.

Notebook und Smartphone

Nomaden ziehen umher, sind mal hier und mal dort, und fühlen sich beinahe überall zu Hause. Doch statt mit Herdenvieh und Zelten begeben sich digitale Nomaden mit Notebook und Smartphone auf die große Tour ihres Lebens, tingeln von Hotel zu Hotel, kommen bei Freunden unter oder fahren mit einem Camper durchs Land. Viele von ihnen haben ihren alten Job gekündigt, die Wohnung verkauft und einen sauberen Schnitt gesetzt. Andere wiederum unterhalten noch ein Domizil an einem festen Ort und kehren bei Bedarf dorthin zurück; ein geringer Prozentsatz besitzt sogar noch eine Festanstellung in einem Job, der sich über das Internet erledigen lässt. Die allermeisten aber haben sich selbständig gemacht, sie kreieren Webseiten, bloggen, programmieren Apps, schreiben und verkaufen eBooks oder betreiben digitale Shops. Kaum einer hat den Job gelernt, in dem er auf Reisen tätig ist, häufig handelt es sich um Autodidakten, die sich parallel zur beruflichen Karriere im Angestelltenverhältnis selbst ein Standbein geschaffen haben, das sie nun vollständig trägt. Digitale Nomaden stürzen sich zumeist nicht kopflos in das Abenteuer der Nicht-Sesshaftigkeit, sondern der neue, aufregende Lebensabschnitt wurde von langer Hand geplant.

Großverdiener befinden sich höchst selten unter dieser interessanten Spezies, die meisten kommen mit relativ wenig finanziellen Mitteln klar. Das gehört zu ihrem speziellen Lebensentwurf dazu, der eben nicht den Verdienst in den Mittelpunkt stellt, sondern die zu Anfang genannte Freiheit. Ganz romantisch gesagt: Sie lieben es, am Strand unter den Sternen zu erwachen, während andere sich bereits in der U-Bahn auf dem Weg zum Büro befinden. Digitale Nomaden möchten ihr Leben genießen, Abenteuer erleben, fremde Kulturen und Menschen kennenlernen und benötigen dafür genau so viel Geld, dass sie sich das leisten können. Nicht mehr und nicht weniger. Es geht eben nicht um Karriere und sozialen Aufstieg, sondern der Job dient ganz schlicht als Mittel zum Zweck. So begeben sich die Reisenden gern an exotische Orte wie Bali oder Thailand, wo das Leben günstig ist und das Klima freundlich. Auch die angenehme Atmosphäre auf den Bahamas übt auf digitale Nomaden gewisse Reize aus, kein Wunder, gibt es hier doch Sonne, Sand und Meer satt! Doch auf der kostspieligen Inselgruppe hält es sie wiederum nur kurz, bevor es dann weiter nach Costa Rica, Cuba oder ins deutlich günstigere Mexiko geht.

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Einen Haken hat die ganze Sache jedoch: Wer in der Welt umherzieht, dem fällt es schwer, stabile Beziehungen aufzubauen und menschliche Bindungen zu pflegen. Manch ein Internet-Jobber legt sich auf Dauer eine Begleitung zu, viele vernetzen sich inzwischen digital und arrangieren regelmäßige persönliche Treffen zum Wissensaustausch und für die Beziehungspflege. Auch die turnusgemäße, kurzzeitige Rückkehr in die alte Heimat ist in diesem Lebensentwurf nicht ausgeschlossen, so bleibt der direkte Kontakt zur Familie und Freunden erhalten. Daneben lernen die Umherziehenden immer neue Menschen kennen, machen sich mit dem Leben in anderen Ländern vertraut, erhalten Einblicke in fremde Sprachen und erproben ihre persönliche Flexibilität. Kurzum: Sie erweitern Tag für Tag ihren Horizont.

Sehnsucht nach Heimat und Sicherheit

Irgendwann kommt sicher auch für den leidenschaftlichsten digitalen Nomaden die Zeit, wieder sesshaft zu werden. Sei es, weil eine Familiengründung ansteht, die Sehnsucht nach Heimat und Sicherheit Oberhand gewinnt oder, im schlechtesten Fall, das Geschäftsmodell nicht mehr trägt. Wer nachweisen kann, dass er die ganze Zeit über geschäftlich tätig war und sich vielleicht sogar intensives Fremdsprachenwissen angeeignet hat, wird es wahrscheinlich nicht besonders schwer haben, einen neuen festen Job in seiner Sparte zu finden. Natürlich lässt sich das digitale Business auf selbständiger Basis auch an einem festen Standort weiter betreiben, eventuell mit analogen Erweiterungen. Hier ist einfach ganz viel Kreativität gefragt, doch daran dürfte es einem erfolgreichen Ex-Nomaden sicher nicht mangeln.

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Das Umherziehen in der Welt als digitaler Nomade stellt eher kein dauerhaftes Lebenskonzept dar, die meisten erleben diese Zeit als eine prägende Orientierungsphase, die oft nicht so rosarot ausfällt, wie die Vorstellung es vorgibt. Unterwegs treten immer mal wieder Komplikationen auf, sei es, weil nicht genügend Geld hereinkommt, die Gesundheit versagt oder das Heimweh stärker wächst als geplant. Diese Hürden wirken formend und prägend, ihre Überwindung trägt dazu bei, ein selbstbewussterer Mensch zu werden, dem auch die Rückkehr nach Hause tadellos gelingt.