Vertrauen – was sonst?
Ein Interview mit Claus Hipp

Claus Hipp ist ein Bio-Pionier. Laut einer Studie von Verbrauchern wird der Hersteller von Babykost für ökologisch und verantwortungsbewusst gesehen und zählt zu den nachhaltigsten Unternehmen in Deutschland. Ein Erfolgsgeheimnis: Der Unternehmer, Musiker und Künstler Claus Hipp verbirgt sich persönlich für die Herstellung von gesunden Lebensmitteln.

Elita Wiegand sprach mit Claus Hipp.

„Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Das ist Ihr Werbeslogan und jeder verbindet den Satz mit Hipp. Was bedeutet Ihnen der Wahlspruch?

Claus Hipp: Wir wollen bei den Kunden Vertrauen erzeugen. Das beginnt bei der Qualität von den Rohstoffen, über die Verarbeitung bis hin zu der Vermittlung an die Verbraucher. Unser Vorteil ist die persönlich Haftung für unsere Produkte und dass ich persönlich mit meinem Namen dahinterstehe.

Hipp ist Bio-Pionier. Ihr Vater ist bereits 1956 auf den Ökolandbau umgestiegen und wurde damals als Spinner abgetan. Heute arbeitet Hipp mit 6.000 Biobauern zusammen und kein anderes Unternehmen verarbeitet mehr organisch-biologische Rohstoffe, aber was genau verstehen Sie unter Nachhaltigkeit?

Claus Hipp: Nachhaltigkeit bedeutet für mich, die Welt für die nächste Generation lebens- und liebenswert zu erhalten. Wir dürfen in der Natur keine Schäden anrichten und nicht mehr verbrauchen, als uns zusteht. Unsere Pflicht ist es, auf die Qualität der Böden zu achten, keinen Raubbau zu betreiben und mit den Rohstoffen verantwortungsvoll umzugehen. Deshalb bin ich auch Gegner der Gen-Technik. Nachhaltigkeit heißt aber auch, dass wir unseren Kindern keine Staatsschulden hinterlassen und unsere Gier und den Konsum zügeln. Es ist zudem unsere Aufgabe Bildung weiterzugeben und kulturelle Werte zu erhalten.

Finanzkrise, Gier, Defizite in der Bildung, Ausbeutung, das sind einige Punkte, die Sie herausgegriffen haben. Was wünschen Sie sich, damit wir zukunftsfähig bleiben?

Claus Hipp: Ich wünsche mir, dass alle Verantwortlichen bei ihren Entscheidungen ganz massiv in die Zukunft schauen und langfristig die Folgen ihres Handelns bedenken. Politiker dürfen sich nicht von einer Wahl zur anderen hangeln und mit leeren Versprechungen Wähler fangen, um an die Macht zu kommen, sondern sie müssen über die Legislaturperiode hinausdenken, sich der Verantwortung stellen und daran müssen wir sie erinnern. Erhebliche Mängel sehe ich in der Bildung. Wir vernachlässigen alles, was in Richtung Kreativität geht. Es ist ein Unding, dass in den Schulen Musik-oder Kunstunterricht immer mehr gestrichen wird. Mit Fachwissen, das angesammelt wird, kommen wir heute nicht mehr weiter. Wir wissen, dass wir Jugendliche in der emotionalen Kompetenz fördern müssen und in der Kreativität. Denn daraus erwachsen Menschen, die Lösungen finden und die nach vorne denken.

Sie sind ein kreativer Mensch, sind renommierter Maler und Musiker und bekennender Christ. Was bedeutet Ihnen der Glaube?

Claus Hipp: Zu glauben, ist ein Akt des Willens: Ich will etwas für wahr halten, was ich nicht verstehen kann, sonst wäre es ja Wissen. Ich bin davon überzeugt, dass ein gläubiger Mensch, und dabei es ist egal, um welche Religion es sich handelt, in vielen Situationen leichter und wertebewusster handelt.

Hipp verkauft 1,5 Millionen Gläschen pro Tag. Sie beschäftigen über 1.000 Mitarbeiter allein in Deutschland. Wie übertragen Sie Ihre Werte auf das Unternehmen?

Claus Hipp: Wir haben eine Ethik-Charta eingeführt, das ist ein kleines Heftchen, in dem wir uns mit den Mitarbeitern Gedanken gemacht haben, was bei uns gelten soll. Darin sind Handlungsweisen und Werte aufgeführt, die mir schon meine Eltern beigebracht haben. Uns geht es darum, dass wir Menschen korrekt behandeln. So achten wir zum Beispiel darauf, dass  dass Vertrauen mit Vertrauen und entsprechender Anerkennung honoriert wird.

Es gehört aber auch dazu, dass jeder Mitarbeiter, die Information erhält, die er braucht. Denn: Je besser der Einzelne informiert ist, desto besser kann er sich mit Hipp identifizieren.

Wir sind in unserem Unternehmen auch bestrebt, Familien zu fördern und berücksichtigen die persönlichen Belange, indem wir flexible Arbeitszeiten anbieten. Die Familie und Anforderungen der Kindererziehung sind uns wichtig, damit Eltern ihre Kinder erziehen können und nicht in fremde Hände geben müssen.

Unsere Hierarchie im Unternehmen ist wie ein Orchester aufgebaut: Es gibt einen Dirigenten, der das Unternehmen führt, aber entscheidend für das gesamte Werk sind die Musiker oder in unserem Fall die Mitarbeiter.

Das klingt gut, aber der ehrbare Kaufmann ist in der heutigen Zeit doch eher ein Auslaufmodell. Wie beurteilen Sie die Folgen des kapitalistischen Wachstums?

Claus Hipp: Die Triebfeder unserer sozialen Marktwirtschaft ist, dass jeder immer mehr haben will. Doch auf Dauer wird man mit zweifelhaften Geschäften nie erfolgreich sein. Wir werden später nicht daran gemessen, wie viel wir angehäuft haben, sondern was wir damit gemacht haben. Was mich sehr beruhigt ist, dass der Begriff des ehrbaren Kaufmannes im Kreise der Unternehmer wieder aktuell ist, dass man darüber spricht. Und mich freut vor allem, dass junge Leute Werte und Ethik thematisieren. Man spürt, dass ein starker Umdenkungsprozess begonnen hat und das macht mich zuversichtlich.

Und wie sehen Sie das Zusammenwirken der Wirtschaft mit der Politik?

Claus Hipp: Es ist schon oft passiert, dass aus Kreisen der Wirtschaft Impulse gekommen sind, die die Entscheidungen in der Politik beeinflusst haben. Wir haben uns beispielsweise schon vor 50 Jahren für den biologischen Landbau eingesetzt und sind damals von der Politik, der Großindustrie und der Landwirtschaft angegriffen worden. Ich bin zuversichtlich, dass sich gute Gedanken, die für unsere Gemeinschaft von Vorteil sind, immer durchsetzen.

Was machen Sie in Ihrem Unternehmen, um Energie einzusparen?

Claus Hipp: Wir haben pro erzeugte Tonne unsere Wärmeenergie um 40 Prozent gesenkt. Unsere Energie kommt aus nachwachsenden Rohstoffen, nämlich aus Holz und wir produzieren CO2-neutral, haben eigene Solarkraftwerke, eine Biogasanlage sowie ein Fuhrpark mit modernster Spritspartechnik. Es sind viele Kleinigkeiten, auf die wir achten. Zum Beispiel ermuntern wir unsere Mitarbeiter mit der Bahn zu fahren und wir erstatten die Fahrkosten, wer mit dem Fahrrad kommt, erhält bis zu 14 Cent pro Kilometer.

Was sind die drängenden Aufgaben, damit wir unseren Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen?

Claus Hipp: In der Landwirtschaft müssen wir darauf achten, dass der Boden lebendig bleiben muss. Wir brauchen Humusboden. Unter dem Gesichtspunkt der Energiewende, dürfen wir die Böden nicht für einen übertriebenen Maisanbau ausbeuten, weil es sonst zu massiven Schäden kommt. Ich wünsche mir, dass wir mit Energie sparsamer umgehen und das gibt es viele Möglichkeiten. Wir werden uns vieles, an das wir uns gewöhnt haben in Zukunft nicht mehr leisten können und wir brauchen vieles auch nicht. So müssen wir zum Beispiel in der Architektur umdenken. Viele Architekten bauen sich ein Denkmal aus Glas und Stahl. Die Bauten kosten viel Energie, weil im Sommer die Gebäude gekühlt und im Winter drastisch geheizt werden muss. Und wir brauchen neue Mobilitätskonzepte, um den CO2 Ausstoß zu verringern.